Manchmal
- Beitrags-Autor:Sabine Hönck
- Beitrag veröffentlicht:15. August 2025
- Beitrags-Kategorie:Morgenlicht
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MANCHMAL
Manchmal
zerreißen die Schleier. Dann passt der Vordergrund zum Hintergrund, die Vergangenheit zur Gegenwart und die Träume zur Träumenden.
Manchmal
verhüllen sie Gelebtes und Ungelebtes und den Unterschied zwischen beiden. Alles scheint blickdicht und die Augen werden stumpf und müde.
Manchmal
möchte ich mich in die weiche Erde legen und sterben wie ein Vogel, sanft und stumm in weichen Schlummer davon gleiten und ins Kirschblütenland segeln mit den Brüdern Löwenherz.
Manchmal
ist alles so einfach und leicht. Dann möchte ich es festhalten, auf dass es so bleibe. Und indem meine Finger sich schließen, fallen die Hände schon schwer zur Seite . . .
Manchmal
gibt es einen Ruck. Jemand sagt streng, aber mit lockender Stimme:
Du hast die Wahl. In jedem Moment kannst du erwachen, wenn du willst.
Manchmal
bin ich so müde. Zu müde, um wach zu sein. Falle wieder in Dämmerschlaf und finde mich irgendwo in bekanntem Unbekanntem, in karstig steppigen Gefilden, ohne einen Halm, laufe schreiend vor einem riesigen Schatten davon, ohne den Abstand zwischen uns jemals zu verändern.
Manchmal
weiß ich nicht, was ist mein Leben? Das, was ich tue, oder das, was ich nicht tue? Welche Maschen sollte ich besser fallen lassen und welche Fäden zu Ende spinnen?
Manchmal
stehe ich neben mir und schaue mir zu, wie ich alles vermeide, wonach ich mich doch sehne und die Sanduhr ist schon fast durch.
Manchmal
höre ich ein Wort und wie ein Schlüssel ins Schloss passt es in meine Rätsel.
Manchmal
gehen Türen auf, graue Vögel fliegen davon und die Sicht auf lange, lange Tage wird frei.
Auf Körbe voller Trauben, eine pralle, unermüdliche Sonne, altes Gemäuer, in dem sich Eidechsen räkeln, auf emsiges Treiben von diesem und jenem . .
Sabine Hönck, Morgenlicht strömt in meine Gesänge, 2002