Stille

STILLE

lauschen dem Flüstern der Nacht dem Gesang der Sterne weiß glühend
stumm die gläsernen Töne
klirren im inneren Ohr im Ohrlabyrinth verlaufen sich hinter Hecken
Vorbeistromernde Hüpfende Laufende Jagende
erkennen sich an ihren Marken kommen sich nicht ins Gehege
Geckernde wieseln die Stämme hinauf und hinunter rascheln im Laub
scharren sammeln horten verstecken
in den schaukelnden Kronen schlafen die Fliegenden
segeln bei Anbruch der Dämmerung im Gleitflug durch die Schatten
jagen mit eisernen Schnäbeln
Klagelaute in der Nacht im samtenen Dunkel im spiegelnden Nass.
auf schmalen Wegen im feucht glänzenden Moos
schrille Schreie aus den Horsten wer diese Sprache verstünde
braunsilberne Schwingen stehen in der Höhe
scharfe Augen
Welt hinter Schleiern vielstimmig vieldeutig versteckt sich
Gesang aus fedrigen Kehlen Gesang der verstummt
hört er Stiefel
Geräusche die im Grün verschwinden fast unhörbar sich einfügen in alles
hier wie dort unnachahmliches Zusammenspiel schnell gestört
Gefiederte Singende in Höhlen in Nestern
über Kopf in steinalten Baumarmen Hängende
euch lieben dürfen aus der Ferne
Hügel verwunschen vom Rauschen aus tiefem Raum
raunt es die blauen Zeichen auf diesen Weg
Stille

Sabine Hönck, Keiner mehr da, der die Krähensprache versteht, 2023

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auf dem Rückweg

AUF DEM RÜCKWEG

in der
Mittsommernacht
durch Wiesen
hell

Sonne
hüllt sich in blaue Schleier
und
eine schwarze Katze mitten hinein
verschwindet im Grün
zwischen Gras und Kälberrohr
und
ein Reiher landet auf dem Weg
steht einbeinig reglos
dann
schaukeln silbrig graue Flügel in die Luft
schrauben sich über
Holunderbüsche

pflücke
ich mir Rosenblüten

Sabine Hönck, 2008

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Wie Phönix

WIE PHÖNIX

Wie Phönix aus der Asche, welche Asche, wo war ein Feuer, keines gesehen und doch die Zunge verbrannt.
Zu Aschenputtel gelaufen in den wiederkehrenden heißen Sommern, in ihrem Ofen verkrochen und doch keine Linsen sortiert.
Ach, diese kleinen Revolten.
Und immer wieder die Tauben auf dem Dach.
Einmal war es ein junger Bussard, aber kein Phönix, nein, kein Phönix, ein windzerzauster junger Bussard auf dem Dachfirst des Hauses gegenüber, aber kein Phönix, nein, ein windzerzauster junger Bussard, der sich nur mühsam auf dem Dach hielt, noch nicht mal ein Sturmvogel.
Hab Aschenputtel beschworen, die Tauben ziehen zu lassen und das Grab, ach das Grab, mit Glitzerkleidern und  Prinzen käme man doch vom  Regen in die Traufe.
Mir mein Gesicht mit Asche geschwärzt und vom Wald erzählt, sie wollte es nicht hören, brannte darauf, noch einmal den Haselstrauch zu schütteln für das ultimativ prächtigste Gewand des Zeitalters.
Nein, bescheiden war sie nicht und kein bisschen klüger als ihre Schwestern.
Ein Schloss musste es sein. Protz und Prunk.
Über meine glühenden Schilderungen des Waldlebens schüttelte sie nur verächtlich die staubigen Locken und sah angewidert an ihrem zerlöcherten Kleid herunter, das hatte sie so gründlich satt und lachte über meinen Traum vom Hüttenleben.

Sabine Hönck,  Keiner mehr da, der die Krähensprache versteht, 2023

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